Johannes L. Schröder + Gäste: Aktionen 3x wöchentlich: Steine schwimmen lassen                                        02.-18.12.2010
Lieber Freund,

(...)
Seit Wochen schweifen meine Gedanken nach Los Angeles ab, wo ich – es sind jetzt 27 Jahre her – um diese Jahreszeit herumstreifte, um Auskünfte über Performances einzuholen. Jetzt ist vieles davon aufgearbeitet und über viele Künstler sind Dissertationen geschrieben worden. Das beruhigt mich nicht, auch wenn die Verfügbarkeit von Fakten und die Bekanntheit des Thema inzwischen zugenommen hat. Was mich betrifft, bildet die Fülle des Materials in meinem gar nicht so kleinen Arbeitszimmer inzwischen ein Korsett, so dass ich mir oftmals mehr Raum wünsche, um großzügiger neue Linien zu ziehen, um das, was ich als Stachel empfinde, mit größeren Gesten darzustellen und das Schmerzfeld mit anderen Feldern zu verbinden.

Was der Stachel ist, wirst du fragen. Mindestens hat es mit der Behauptung des „Post-Human“ zu tun, dem Nachhumanistischen, das schon vor 10 Jahren einer Ausstellung den Titel gab. Schon Jahre zuvor hatte Richard Schechner ein Aufsatz dazu geschrieben, den die Ausstellungsmacher leider nicht diskutierten. Somit hat der Kunstbetrieb ein weiteres nicht aufgearbeitetes Thema erledigt. Aber jedem von uns entgeht Vieles und das Meiste haben wir nicht gründlich genug gelesen. Von Durcharbeiten der Texte kann man bald gar nicht mehr sprechen. Jedenfalls habe ich den Schluss von „Ordnung der Dinge“ nicht gelesen. Foucault spricht dort von der insgesamt jungen „Archäologie unseres Denkens“ und äußert die Befürchtung, dass wenn diese so errungenen „Dispositionen ins Wanken geraten (...) der Mensch verschwindet wie am Meeresufer ein Gesicht im Sand.“

Das ist ein ebenso erschütterndes wie verzweifeltes Bild, das aber zugleich von einer überheblichen eurozentrischen Sicht zeugt. Als hätte nicht das Bild des Menschen sein Ansehen, seinen Status und seine Würde auch immer wieder Krisen erlebt. Und in anderen Kulturen? Dort ist der Mensch nicht nur versklavt und entwürdigt worden. Gleichwohl steht unter dem Druck der Gier und angesichts der Swimming-Pool-Party-Kultur der Berlusconis dieser Welt einiges auf dem Spiel. Glücklicherweise hat nicht jeder Niedergang alle Menschen beugen können und nie verhindern können, dass neue Blüten wachsen.

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02. -  04.12.  Andrés Galeano - www.andresgaleano.eu
09. -  11.12.  René Schmalz -   www.schauwerk-blackbox.ch
16. -  18.12.  Jörn Burmester und Florian Feigl - www.performerstammtisch.de

Die zehnte Ausstellung zum Jahresthema HYBRID des EINSTELLUNGSRAUM e.V.
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