Esther Heltschl: Sehen Sucht | Installation                                                                                                                                                   22.06. – 15.07.2022
Flyer Esther
              Heltschel
Esther Heltschel, Flyer 2022 mehr....
Pressetext:
Durch technologische Errungenschaften quantifiziert sich das Sehen zunehmend, gleichzeitig wird die Sehnsucht nach sensueller Erfahrung größer.
Es wird in immer kürzerer Zeit möglich, mehr und Unterschiedliches zu sehen. Dabei reduziert sich das Objekt des Sehens jedoch in seinen Dimensionen und wird verflacht. Durch den Blick auf flächige Abbildungen oder Bildschirme wird Erfahrung auf die rein visuelle reduziert. Hierdurch wird dem Sehen eine Komprimierung der ästhetischen Erfahrung abverlangt. Die Ansprüche an das Visuelle steigern sich ins Unermessliche. Eine multisensuelle Erfahrung wird zwar durch die vielseitig visuell vermittelte Interaktion weniger notwendig, jedoch als Illusion der unvermittelten Vollkommenheit umso mehr affirmiert. Trotz der Momente erwünschter sinnlicher Reizung rückt die Sehnsucht weiter weg und manifestiert sich in einer quantifizierenden Sucht nach Sehen von möglichst affirmierenden Objekten und Situationen.
Das Auto ist schon seit über hundert Jahren ein symbolisches Objekt für diese entfremdende und gleichzeitig erfüllende Möglichmachung. Die Entwicklung des Autos erleichterte und beschleunigte die individuelle Fortbewegung und beschränkt während der Fahrt die Interaktion zwischen Mensch und Umgebung auf ein Nötigstes. Es bringt Menschen ohne größere körperliche Anstrengung in einem abgeschlossenen privaten Raum zum Arbeitsplatz, Urlaubsort oder der Familie. Während der Autofahrt ist der Blick durch die Scheibe die einzige sinnliche Verbindung zur Außenwelt. Der Fahrer kann nur durch diesen visuellen Bezug zur Außenwelt das Auto steuern. Die Scheibe erfüllt einerseits einen funktionalen Aspekt, andererseits rahmt sie eine sich bewegende Landschaft.  Hier wird sie zum Screen, der die bewegte Außenwelt abbildet. Das Autofenster kann alles und nichts zugleich. Es erzeugt Sehnsucht und befriedigt diese gleichzeitig durch visuelle Erfahrung. Als funktionales Objekt ist es bedingt durch die erforderliche Steuerung des Fahrzeug. Mittlerweile wird das Fenster jedoch durch den Einsatz von Kameras oder anderen Sensoren ersetzt oder erweitert. Eine gut einsichtige Rückscheibe ist beispielsweise für das Einparken mit Einparkhilfe keine Notwendigkeit mehr.
Durch die zunehme
Autonomisierung des Autos wird die Scheibe als essentieller Bestandteil für sicheres Fahren weniger erforderlich. Die Reaktion auf das Gesehene wird statt vom Fahrer von Kameras, Lasern und Sensoren übernommen. Die Scheibe wird zunehmend zu einer ästhetischen Komponente, die Landschaften abbilden kann. Insassen werden zu Passagieren und lassen sich an ihr Ziel fahren. Die Interaktion mit der Umwelt wird auf ein Minimales reduziert.

CV Das Studium an der Hochschule für bildende Künste Hamburg in der Klasse für konzeptuelles Design, formte die Herangehensweise der Arbeiten von Esther Heltschl. Im Lauf des Studiums legte sie einen zunehmend ästhetischen Fokus auf die anfänglich sehr konzeptuellen Arbeiten. Die sinnliche Erfahrung der Auswirkungen fortschrittsgetriebener Transformationsprozesse auf soziale Beziehungen, sowie der Verbindung zwischen Mensch und Natur komprimiert sich in ihren Objekten und Installationen. Durch das aktuelle Master Studium in Medien und digitalen Kulturen soll die theoretische Reflexion der ästhetischen Auseinandersetzungen diese in ihrer Aussagekraft festigen. Esther Heltschl, 2022.
esther.heltschl@online.de / https://www.instagram.com/estherihmseins
Der 06. Beitrag zum Jahresprogramm Autonom? des EINSTELLUNGSRAUM e.V. 2022
Einführung: Dr. Thomas J. Piesbergen
Vernissage
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