(vorgeschichtliche Zeit) ist oder diese noch nicht begonnen hat und zu unseren Lebzeiten voraussichtlich auch nicht beginnen wird (Sience Fiction).

text schroeder

Es handelt sich dabei um Ereignisse des „Vorscheins“ und das Aufscheinen der Utopie, wie es Ernst Bloch in vielen seiner Facetten untersucht hat. Gerade weil wir es hier bei Bartnitzki mit einem Spiel zu tun haben, das Waren und Dienstleistungen instrumentalisiert, kehren sie utopischen Geist hervor, der jenseits ihres materiellen Werts und ihres Wertes als Handelsware existiert. In jedem Cityroller werden mit den darin transportierten Angeboten auch Wünsche bewegt. Diese Nähe hier zwischen den Angeboten und Wuenschen - und ihre unprätentiöse Präsen- tation - lässt die Dinge in den Gefährten auch wie Geschenke erscheinen; denn gerade sie können, wie die Waren selbst, auch Symbole für etwas Umfassenderes sein, was in Tauschgeschäften zum Tragen kommt.  Zwar ist der EINSTELLUNGSRAUM - obwohl in einem ehemaligen Blumenladen lokalisiert - kein Laden im praktischen Sinn, doch zeigt die Künstlerin, dass er durchaus als eine Agentur für Symbole oder eine Generalvertretung für Utopie in Frage kommen könnte.

Und tatsächlich findet sich unter den Cityrollern einer, dessen Fahrgestell ein rollbarer Reisekoffer ist. Es ist die Nr. 70 für einen Gang zum nächst- gelegenen Reisebüro. Hier ist gut zu überlegen, wohin die Reise gehen soll. Vielleicht fällt die Entscheidung leichter, wenn die beiliegenden Kleidungsstücke angezogen werden, was ausdrücklich vorgesehen ist. Man achte auch auf den um den Koffer gespannten Gurt. Er hat keine Nationalfarben, sondern die des Regenbogens. Und die Basis des Regenbogens, an dessen Enden man bekanntlich einen Topf Gold finden soll, ist ein UTOPOS. Ein solcher Nicht-Ort bleibt also unerreichbar, weil er sich ständig verschiebt, während man ihn ansteuert. Doch ist die Geschichte mit dem Topf Gold vielleicht gerade deshalb wahr, weil er Reichtum symbolisiert, der durch einen Aufbruch ins Unbekannte erworben werden kann.
Auch dieses S P I E L ist mit einem Glücksversprechen verbunden. Und es gibt wohl nichts, was heute so missbraucht wird, wie die Wunsch- träume, die mit Spielen verbunden sind. In Lotterien werden die Menschen mit Gewinnversprechen gelockt und die virtuellen Wege und Räume der Computerspiele sind mit den blödesten Monstern, den martialischsten Kriegern und waffenstarrenden Fahrzeugen gesäumt. An den Flanken die- ses Wegs in die Utopie hallt noch der Geist des atomaren Schlagab- tauschs nach; denn die Grundlagen der heutigen Games basieren auf Pro- grammen zur Herstellung und Erprobung von Waffen und der Simulation von Waffengängen in den Zeiten des Kalten Kriegs. Wer würde seine Wohnung schon einem bis an die Zähne bewaffneten Kämpfer öffnen, der in seiner virtuellen Welt über famose Möglichkeiten verfügt, aber die einfachen Regeln im Umgang mit seinen Mitmenschen vergessen hat. Ein direkter Weg, um freundlich Einlass zu begehren, wirkt dagegen merkwürdig anti- quiert. Also greifen wir einen Cityroller und leisten wir uns etwas Selbst- überwindung, um den Kontakt zu Passanten und Bewohnern der Wands- beker Chaussee aufzunehmen.


S P I E L R E G E L N


Woran liegt es denn, dass wir Spielen in erster Linie als individuelle Tätigkeit auslegen, also als Interaktion zwischen Mensch und Programm verstehen. Die Schwierigkeiten, sich im sozialen Raum zu exponieren, liegen möglicherweise auch am Missverständnis der Regeln und ihrer Akzeptanz. Regeln von Computerspielen können nicht einfach hintergangen werden, allerdings werden Absprachen im Sozialen oft ignoriert. Dabei tragen Regeln im wirklichen Leben dazu bei, Brücken zu bauen, die einen Umgang mit Fremden erst ermöglichen und den mit Nachbarn und Freunden erleichtern. Physische Spiele zwischen Menschen dienen ja der Kommunikation und deshalb unterliegen sie Regeln. Das gilt auch für die Cityroller, deren Benutzung die Auseinandersetzung mit den Anweisungen der Künstlerin erfordert.

Vernissage

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