überschaubaren
mathematischen Funktion eine unüberschaubar große Zahl
verschiedener Erscheinungen hervor gehen kann, so ist
es möglich mit einer überschaubaren Anzahl von Zutaten
durch einen menschlichen Impuls, in diesem Fall die
Rotation, eine nahezu unüberschaubare Anzahl
verschiedener Gerichte zu kochen.
Eine dieser Möglichkeiten ist in einer Fotoreihe dokumentiert, in der die einzelnen Arbeits-schritte der Herstellung von „Eier in Schnee“ aus einem Fasten-Kochbuch von 1782 nachvollzogen werden können. Hier wird lediglich aus Eiern, Butter, Zucker und Salz ein Gericht bereitet, daß trotz der minimalen Zutaten auf uns überraschend und raffiniert wirkt. Schließlich möchte ich noch auf zwei weitere Interventionen an der Grenze zwischen dem Natürlichen und dem Kulturellen hinweisen, die in Eva Ammermanns Arbeiten über das Kochen so plastisch herausgearbeitet ist: Mit dem Ausbringen von Theaterschnee in den Galerieräumen wird, selbst wenn das Requisit ein künstliches ist, unser Gefühl für das Innen und Außen irritiert. Etwas Wildes aus der nicht kontrollierbaren, natürlichen Außenwelt hat die Grenze zum kulturellen Raum übertreten und läßt den menschlichen Lebensraum scheinbar wieder an die Natur zurückfallen. Wir erleben ganz akut das Gefühl einer Durchdringung beider Sphären, die wir gewohnt sind, sauber voneinander zu trennen. |
Zum anderen werden wir eingeladen, die
Grenze der intellektuellen Anschauung, die ganz und gar
der Sphäre des Kulturellen zuzuschlagen ist, mittels
Einverleibung zu übertreten: Eva Ammermann serviert,
nach dem Quitten-Schnee-Rezept von 1756, angepaßt an das
saisonale Angebot, heute im Einstellungsraum
Apfel-Schnee. Das Naturprodukt, das bewußt und unter weitgehendem Verzicht auf Hilfsmittel der Techno-sphäre zu einem Kulturprodukt der Kochkunst transformiert worden ist, verläßt die Regionen der meist nur intellektuell erlebten Kunst und wird ein weiteres mal transformiert und zurück in etwas Natürliches verwandelt: Denn im innersten Inneren der menschlich kontrollierten Welt der Kultur begegnen wir einer weiteren, ebenfalls gerne verdrängten Grenze zwischen Kultur und Natur: die Grenze zwischen der Außen- und Innenwelt unserer Körper. Denn jenseits dieser Grenze öffnet sich die für uns ebenso wenig zugängliche, fremdartige, geheimnisvolle und wilde Welt natürlicher organischer Funktionen und der Verdauung. Und damit wünsche ich guten Appetit. ⓒ Dr. Thomas J. Piesbergen / VG Wort |
Dokumantation |
Vernissage |
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Kulturbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg und
Bezirk Wandsbek |
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