der Basis
historischer Rezepte und bedient sich, vergleichbar
dem historisch informierten Musizieren, auch der
historischen Arbeitsweisen. So gibt das Rezept für
Quittenschnee aus dem Kochbuch von Marcus Looft aus
dem Jahr 1756 an, die Masse aus Quitte und Eiklar
müsse eine Stunde lang geschlagen werden.
Erst das akute und tätige umsetzen des notwendigen Transformationsprozesses, das einstündige Rühren des Schnees, ermöglicht uns zu erleben, wieviel Energie in Rotation umgesetzt werden muß und wieviel Anstrengung es tatsächlich kostet, das Naturprodukt „Ei“ in das Kulturprodukt „Eischnee“ umzuwandeln. ![]() Astquirle, open source Das
Küchengerät, das zur Zeit von Marcus Looft statt
eines Handmixers oder Schneebesens üblich war, ist
ein sog. Astquirl. In der Botanik bezeichnet man als
Quirl oder Wirtel einen Knoten, an dem mehrere
Blätter oder Äste ansetzen, wie z.B. bei Tannen. Es
ist also lediglich nötig, ein entsprechendes Stück
aus dem Stamm einer Tanne zu sägen, es zu entrinden
und die Zweige, die am Quirl ansetzen, auf die
gewünschte Länge zu kürzen. Das Rohmaterial dazu
fand Eva Ammermnann zu Beginn des Jahres im
Überfluss an den Straßenrändern - moderne
Wegwerf-Artikel: ausgediente und entsorgte
Weihnachtsbäume.
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Foto: Eva Ammermann, 2017 Mit wenig
Arbeitsaufwand und korrespondierend mit Ammermanns
selbstgewähltem Jahresthema „Enthaltsamkeit“ ist es
möglich, ein lang erprobtes, funktionstüchtiges
Küchengerät herzustellen, das nur einen
Arbeitsschritt von der Grenze zwischen Techno- und
Biosphäre entfernt ist. Zudem bietet es, im
Gegensatz zu elektrischen Handmixern, einen
persönlichen und sinnlichen Wert, mit dem ein Gerät
aus der Massenfertigung nicht konkurrieren kann.
Hier begegnen uns zum zweiten mal Überluß und
Bereicherung in der Enthaltsamkeit.
Mit dem schlichten und ursprünglichen Rührgerät korrespondiert auch eine Videoarbeit: Eine Kamera ist senkrecht in die Schattenrisse der Baumkronen eines der hiesigen Nadelnutz-wälder gerichtet und rotiert um die eigene Achse. So wird das noch lebendige, unbearbeitete Rohmaterial zahlloser Astquirle im Video selbst verquirlt. Dabei entsteht ein interessanter Effekt: der Betrachter glaubt nach einiger Zeit in der Mitte des Bildes eine rotierende Spirale zu erkennen, während die schwarzen, zackigen Silhouetten der Fichtenäste das Aussehen von Fraktalen am Rande einer Mandelbrot- oder Julia-Menge annehmen. Die Assoziation zum Kochen mit Grundzutaten liegt nahe: So wie aus einer einzelnen, |
Dokumantation |
Vernissage |
Gefördert von der
Kulturbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg und
Bezirk Wandsbek |
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