Anfangs war ich in der Tat kämpferisch gegen das Auto eingestellt, weil ich sah, welch ein Wahnsinn das ist - und welch eine Gewohnheit. So ein Auto ist ja auch unglaublich praktisch. Aber wie es zurzeit funktioniert, macht es Straßen und Städte kaputt. Inzwischen bin ich aber von dieser konfrontativen Position abgekommen und versuche, mit Hilfe der Ausstellungen Erkenntnisse anzubieten. Das halte ich für produktiver.

Ihr diesjähriges Motto lautet: "Autos fahren keine Treppen." Weiß das nicht ohnehin jeder?

Natürlich. Damit sind ja aber keine konkreten Treppen gemeint, sondern die Überwindung der materiellen Ebene. Der Aufstieg zum Metaphysischen.

Im Auto.

Eben nicht, das ist ja genau der Punkt. Das als Freiheits- und Glücksbringer gepriesene Auto wird immer nur horizontal fahren, aber niemals nach oben. Will sagen: Mit der Maschine kannst du ein Stück weit kommen. Aber irgendwann musst du aussteigen und sehen, wie du hinaus kommst über die materielle Welt, über das reine Nach-vorn-Streben und Immer-schneller-Werden. Wie du Erkenntnis gewinnst. Die Treppe ist als Symbol also gewissermaßen die Gegenposition zur Horizontalen. Analog zur "Jakobsleiter", die die Menschen des Alten Testaments als Zugang zum Himmel beziehungsweise zur geistige Sphäre betrachteten.

Und da wollen Sie hin?

Tatsächlich orientiere ich mich inzwischen eher an der Vertikalen. Auch deshalb, weil ich bemerkt habe, dass ich nur dann im Lot bin, wenn ich alle - in der fernöstlichen Theorie vertikal auf der Körperachse aufgereihten - Chakren beziehungsweise Energiezentren gleichermaßen spüre. Dann werde ich weniger von Impulsen hin und her gezerrt.

Aha. Und was hat das nun genau mit Ihrem "Einstellungs-Raum" zu tun?

Er erlaubt genau diesen Perspektivwechsel. Hier rasen ständig Autos vor dem Schaufenster vorbei - in der Horizontalen natürlich. Die Betrachter aber stehen in der Vertikalen. Und genau das ist die Botschaft dieses Raumes: Er lädt dazu ein, sich nicht festgeschnallt in einer Maschine zu bewegen, sondern aus diesem Strom auszusteigen und zur Ruhe zu kommen. Nur dann kann ich ja überlegen, wo ich stehe, anstatt mich im Schwarm hin und her reißen zu lassen.

Eine Kritik an Mitläufertum und Hierarchien?

Es ist nicht mein Ansatz, mich gegen herrschende Autoritäten zu wenden. Ich akzeptiere, wenn das Künstler tun, die wir hier ausstellen. Mir persönlich ist es allerdings lieber, Phänomene wie das Getriebensein in Ruhe zu betrachten und nach der dahinter liegenden Einstellung zu schauen. Deshalb habe ich das hier "Einstellungs-" und nicht "Ausstellungsraum" genannt.

Aber Sie zeigen Ausstellungen.
Ja. Aber das Ziel ist, nach innen zu kommen, sich selbst wahrzunehmen und dann frei zu entscheiden: Steige ich ein oder gehe ich lieber zu Fuß. Brauche ich Ruhe, - oder erliege ich dem Sog der Automobilität?

Sind Sie selbst ihm je erlegen?

Ja. Ich hatte 20 Jahre lang ein Auto. Vor 20 Jahren, 1991, habe ich es abgeschafft.

Warum?

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