Bedrängnis und müsste den Tod fürchten. Eines Tages geschah es, dass sie - inzwischen eine junge Frau - von einem Räuber überfallen und gefangen wurde. Sie zog die Schuhe aus und flog davon.

Die Phantasie des Davoneilens ist auch durch das Märchen von den Siebenmeilenstiefeln belegt. Eine schuhlose Variante der Schnelligkeit zu Fuß bietet die Griechische Mythologie mit Hermes an. Dem Gott des Handels und des Gedankenflugs wachsen je ein paar Flügel an den nackten Enkeln seiner Füße. Aus der Sicht von Mythen, Märchen und Fabeln ergibt sich somit ein Bild der Überwindung der Schwerkraft durch Hilfsmittel, die das Gehen beschleunigen. Man könnte einwenden, dass dieses heute ja durch die verschiedensten Fahrzeuge erreicht sei, deren Verfügbarkeit die Träume der Menschen anscheinend realisiert haben, doch vergisst man dabei, dass es auch damals schon Hilfsmittel wie Pferde und Wagen gab. Deshalb gilt es festzuhalten, dass die Utopien dahin gingen, nicht das Reiten oder Fahren zu propagieren, sondern das Gehen zu revolutionieren. Dabei ist das Schreiten als an die Schwerkraft gebundene Fortbewegung erkannt worden und sollte durch Hilfsmittel und Training von dieser Fessel befreit werden.

Der Dialektik von Fliegen und Bodenhaftung entspricht es, dass gerade die Senkel, die in den Installationen von Gökçebağ die Leichtigkeit evozieren, durch Einwirkung der Schwerkraft Form und Schwung erhalten, wodurch sie zwischen den einzelnen Schuhen einen Bogen beschreiben, während die Schuhe fixiert und damit der Einwirkung der Schwerkraft entzogen sind. Allein die Ästhetik der Installation und die Imaginationsfähigkeit der Besucher erzeugt die umgekehrte Wirkung und damit eine Aufwärts- bewegung. Diese Tendenz in die Vertikale ist für das Konzept des Shared Space eine Bereicherung. Denn es ist daran zu erinnern, dass die Ausdehnung und Bewegung nach oben hin das Kennzeichen des Raums ist, der von Verkehrsplanern oft nur als eine Fläche vorgestellt und gestaltet wird. Wie schon in der Diskussion um Schwarmintelligenz in der Ausstellung von Sylvia Schultes und mit der Baumbesteigung von Julia Bonn und Stefan Hauberg deutlich geworden ist, haben auch andere Künstler die Vorgaben des Jahresprojekts nicht nur in der Horizontalen entwickelt, sondern ihre Werke stoßen in die Vertikale vor und erobern damit alle Dimensionen des Öffentlichen Raums, die beachtet, betrachtet und gestaltet werden müssen.
Weitere Bilder der Ausstellung 
                                Vernissage
Die 10. Ausstellung im Jahresprojekt shared space 2009 des EINSTELLUNGSRAUM e.V.
Gefördert von der Behörde für Kultur, Sport und Medien der Freien und Hansestadt Hamburg und dem Bezirksamt Hamburg Wandsbek
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