Ausdruck und übten
scharfe Kritik an der Inkompetenz und Prahlsucht der
nationalsozialistischen Führung. „Kein Gefühl war
den Menschen ferner als Furcht“ (Nossack); denn
welche Druckmittel und Sanktionsdrohungen sollten
die Staatsorgane gegen sie anwenden, nachdem sie
gerade alles bis auf die nackte Existenz verloren
hatten?
2. Die Leistungen bei der Bewältigung der Folgen
des Großangriffs brachten dem NS-Regime und der
NSDAP keinen Prestigegewinn.
In der verwüsteten Stadt war
schon die erste Trümmerbeseitigung, um Straßen und
Leitungsnetze freizulegen, eine schwierige Aufgabe.
Dennoch gelang es mit Hilfe der Wehrmacht binnen
kurzer Zeit, die benötigten Trinkwassermengen
bereitzustellen, die Verpflegung der gesamten
Bevölkerung durch öffentliche Stellen zu
organisieren und den Ausgebombten an den meisten
Sammellätzen reichliche Mahlzeiten und
Sonderzuteilungen von Kaffee, Zigaretten, Schokolade
und Spirituosen zu bieten. 840.000 Menschen, das
Gros der ca. 900.000 Hamburger Bombenflüchtlinge,
wurden mit Zügen und Elbschiffen in provisorische
Aufnahmegebiete in Niedersachsen und
Schleswig-Holstein gebracht und dann weiter auf das
ganze Reich, einschließlich der annektierten Gebiet
im Osten, verteilt. Unter den gegebenen Umständen
war das trotz mancher Pannen eine beachtliche
organisatorische Leistung. Die Opfer der Katastrophe
waren aber nicht in der Lage, dies zu würdigen. Das
relativ gute Funktionieren des Hilfsapparates
scheint vielmehr die Voraussetzung dafür gewesen zu
sein, daß sich die Verzweiflung nicht, wie die
Polizei befürchtete, in offener Auflehnung entlud.
Wenn es an einer Hilfsstelle Engpässe bei der
Verpflegung der Ausgebombten gab, verschlechterte
sich die „Stimmung“ sofort.
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Die Befriedigung der
elementaren Lebensbedürfnisse war das mindeste, was
die Opfer des Luftkrieges von Partei und Staat
erwarteten. In der NSDAP selbst machten sich
Auflösungserscheinungen bemerkbar; das
„Führerprinzip“ versagte. Gegen den ausdrücklichen
Befehl des Gauleiters ordneten Kreisleiter die
Evakuierung an, beschlagnahmten für andere Stellen
bestimmte Fahrzeuge oder gaben eigenmächtig
Lebensmittellager frei. Sehr oft nutzten “Bonzen“
ihre Stellung, um mit einem der wenigen verfügbaren
Fahrzeuge an Tausenden von Bomben-flüchtlingen
vorbei ihre Familie und ihre Habe in Sicherheit zu
bringen. Solche „Disziplinlosigkeiten“ und solch
eigennütziges Verhalten schadetet dem Ansehen der
NSDAP viel mehr als ihr die erfolgreichen
Hilfsaktionen nutzen konnten. Auch die immer wieder
lähmend in Erscheinung tretenden Kompetenzkonflikte
mit der Wehrmacht und der zivilen Verwaltung wurden
abfällig registriert.
3. Die staatliche
Informationspolitik und die propagandistische
Massenbeeinflussung versagten nach Katastrophen
wie der in Hamburg. Die „Moral“ der Bevölkerung
verschlechterte sich dramatisch.
Das „Unternehmen Gomorrha“ wurde im
Wehrmachtsbericht und in der auswärtigen Presse mit
wenigen Sätzen abgetan. Mit den Hundertausenden von
evakuierten Hamburger Bombenopfern aber verbreiteten
sich die Nachrichten über das grauenhafte Ausmaß des
Geschehens im ganzen Reich. Die offensichtliche
Unzulänglichkeit der offiziellen Informationen
führte einerseits zu Skepsis gegenüber der
Propaganda. Andererseits entstand eine Neigung,
selbst übertriebensten Gerüchten zu glauben. Nach
dem Untergang der Stalingrad-Armee im Februar 1943
war es nach der Beobachtung der SD- Berichterstatter
noch möglich gewesen, den Durchhalte- und
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