welche
Energie notwendig gewesen ist, ihn herzustellen,
oder wie er, abgesehen von seiner Bedienbarkeit,
eigentlich funktioniert? Man benutzt die Dinge und
hat den Blick dafür verloren, was in ihnen vorgeht.
Die causa finalis, der Zweck, den sie
erfüllen, ihre „Performance“ überlagert alle
möglichen Überlegungen über ihr Zustandekommen.
Was geschieht aber, wenn man mit einem Gegenstand konfrontiert ist, dessen causa finalis nicht zu benennen ist, der ganz offenbar eine Funktion aufweist, diese Funktion aber keinen offensichtlichen Zweck verfolgt? Wie nehmen wir einen Gegenstand wahr, der zwar Energie umsetzt, aber dennoch schlicht und ergreifend nutzlos ist? Solchen Objekten werden wir in der aktuellen Ausstellung „Krafttakt“ von Yukari Kosakai ausgesetzt. Und nach einer ersten, leichten Irritation beginnt unser Verstand das zu tun, was er gewohnt ist zu tun: er versucht den Zweck der verschiedenen Apparaturen, Versuchsanordnungen und Objekte zu entschlüsseln, versucht, die möglichen Ergebnisse der in ihnen angelegten Prozesse zu extrapolieren und in die Zukunft zu übertragen. Doch um diesen gedanklichen Schritt überhaupt vollziehen zu können, ist der Betrachter notgedrungen auf die drei Wirkursachen, die er im Alltag selten beachtet, zurückgeworfen: Was für Materialien habe ich vor mir? Was wirkt auf sie ein und mit welcher Stärke? Was für eine Transformation wird dadurch in Gang gesetzt oder was für ein Mechanismus ausgelöst? In kleinen Kästen aus Holz und Glas sehen wir Zylinder und Stifte aus Wachs, eingespannt in verschiedene Mechanismen, die auf die Wachskörper einwirken. Ihre kinetische Energie erhalten die Mechanismen von starken Spiralfedern. Rote Markierungen auf den Sichtgläsern machen die schleichende Verformung sichtbar, eine Stauchung, eine Torsion oder eine Durchdringung, bis die in der Spiralfeder gespeicherte kinetische Kraft aufgebraucht und die Feder in einen Ruhezustand gekommen ist, die causa efficiens also ihre Wirkung gezeitigt hat. Eine andere Apparatur besteht aus einem aufrecht stehenden Holzgestell, in das zehn dicke Wachsplatten eingespannt sind, die ihm die Anmutung eines Starkstrom-Isolators oder Tesla- |
Transformators
geben. Auf der obersten Platte, beschwert von einem
Gewicht aus Gips, ruht eine Halterung mit
Rotlichlampe. Von dieser Halterung läuft ein Seil zu
einem kleinen hölzernen Rad, das wiederum ein großes
Rad in Bewegung setzt, an dem ein weiteres Gipsgewicht
hängt. Die Last der Halterung und das Rotlicht werden
solange auf die Wachsplatten einwirken, bis sie, eine
nach der anderen, nachgeben, das Rad in Gang setzen
und schließlich das zweite Gewicht in die Höhe heben
werden. Eine weitere Versuchsanordnung besteht aus einem Turm übereinander gestapelter Kegel-stümpfen aus Wachs. Auf dem obersten Kegelstumpf ruht eine Metallschale die mit einem langen Kantholz an einem Gelenk an der Wand angebracht ist. Über die Schale ist eine Rotlichtlampe montiert, die auf die Schale gerichtet ist, während eine Spiralfeder im Inneren des wächsernen Turmes gleichzeitig die so erwärmte Metallschale nach unten zieht. Der ganze Turm schließlich steht auf einem kleinen, hölzernen Schienenwagen. Erhitzt sich die Schale und schmilzt das Wachs ist anzunehmen, daß der hölzerne Arm sich seinem Radius folgend nach unten bewegt und den kleinen Wagen samt Turm langsam näher an die Wand zieht. Diese erwartete Bewegung kann anhand einer auf dem Boden befindlichen Skala abgelesen werden; doch der hier suggerier- te Zweck, also das Messergebnis, ist wiederum völlig nutzlos, denn es erfüllt keinen Zweck, darf also nicht als causa finalis mißverstanden werden. In allen Fällen wird die causa materialis von der causa efficiens solange transformiert, bis das Material der Energie keinen Widerstand mehr leistet und die im Objekt gespeicherte Energie aufgebraucht ist, bzw. die sich bewegenden Teile zu einem Ruhepunkt gekommen sind, der eine weitere Transformation ausschließt. Man könnte die Installationen also vergleichen mit Batterien, die sich langsam selbst entladen. Auf drei verschiedene Arten und Weisen kommt hier die Zeitlichkeit der Objekte und der ihnen inhärenten Prozesse ins Spiel: Zunächst sind, wie eben gezeigt, die Anordnungen zeitlich terminiert. Denn schließlich wird die |
Vernissage | |
Gefördert von der Kulturbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg, Bezirk Wandsbek und VG-Bildkunst, Bonn | |
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