gebändigt durch den narrativen, ästhetischen Rahmen. Zu der Faszination, die diese Bedrohung ausübt, tritt der Glanz, das Funkeln, dem Aldous Huxley in seinen „Pforten der Wahr- nehmung“ (1954) zuschreibt, es sei, ausgehend von Juwelen, Edelsteinen, Gold und Glas, seit jeher das Vehikel der mystischen Erfahrung gewesen. In allen Weltreligion wird das Paradies als ein Ort des Juwelenglanzes und des darin aufleuchtenden Lichtes der Göttlichkeit beschrieben. 

Joseph Campbell sieht in der mystischen Erfahrung wiederum den Inbegriff der Erfahrung des Lebendigseins, das Erlebnis der Verbundenheit mit allem Seienden.
Dieser Verknüpfung eingedenk, kann man die vordergründigen Objekte der Ausstellung lesen als eine Verbindung des Aufmerksamkeit erregenden Spektakels, der offenkundigen physischen Bedrohung und einer wahrhaftigen Erfahrung der Conditio Humana.

Doch auf dieser Bedeutungsebene verharrt die Installation nicht. Denn die Spiegel, die nicht nur die Unterlage der 'Viren' bilden, sondern auch entlang der Wände des Ausstel-lungsraums aufgestellt sind, öffnen nicht nur den Blick, sondern auch eine Meta-Ebene.

Zunächst wird unsere Umwelt von ihnen eingefangen: der Himmel, die Häuser, die auf der B75 stoisch vorbei rasenden Autos, die ebenfalls Faszination und Bedrohung in sich vereinen - schließlich starben im vergangenen Jahr 3059 Menschen auf deutschen Straßen und etwa 1,35 Millionen weltweit. Alles wird in den Rahmen der Ausstellung gezogen und damit zu etwas transformiert, das wir mit weitaus größerer Aufmerksamkeit betrachten, als gingen wir im Alltag daran vorbei. Es wird Teil der Narration.
Und dann treten wir selbst ins Bild. Wir betrachten uns selbst als Betrachter innerhalb des Betrachteten, auch wir sind von der Installation gerahmt und unsere Rezeptionshaltung wird uns vor Augen geführt: unsere Lust an dem Spektakel, unsere Faszination angesichts der zur Schau gestellten Gefahr und schließlich unser Bedürfnis, durch den Glanz, das Funkeln und den Schmerz mit dem Lebendigen in Kontakt zu treten, selbst wahrhaft lebendig zu sein in einer Welt, die uns dieses Gefühl nicht mehr zubilligen möchte.















ⓒ Thomas J. Piesbergen / VG Wort, April 2020

Der 03.Beitrag zum Jahresprogramm SPRIT  und SPIRIT des EINSTELLUNGSRAUM e.V. 2020
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