gefilterte
und aufbereitete Version der Vergangenheit, die
über die Massenmedien im öffentlichen
Geschichtsbewußtsein verankert wird.
So legt sich Schicht um Schicht über die
ursprünglichen Quellen und in jeder Schicht wird
die Vergangenheit auf der Basis dessen
transformiert, was von der unmittelbar darunter
liegenden Schicht verstanden und für relevant
erachtet worden ist. Die Rudimente, die sich
schließlich in unserem Alltagsbewußtsein halten,
sind stark vereinfachte Schemen, die in ihrer
Funktion oft kaum von Mythologien zu
unterscheiden sind.
Wenn ehemals das Sprichwort „Geschichte wird von
den Siegern geschrieben“ in dem Sinne galt, daß
eine Siegermacht den im Krieg Besiegten ihre
historische Perspektive aufzwang und imstande
war, sie an nachfolgende Generationen zu
überliefern, sind es heute vor allem die Sieger
im medialen Diskurs und die hinter ihnen
stehenden Interessengruppen, die das öffentliche
Geschichtsbewußtsein bestimmen.
Doch diese offizielle oder journalistisch
geprägten Geschichtswahrnehmungen sind immer
tendenziös. Ihr Anspruch auf Objektivität ist
absurd, denn ihr Fundament ist und bleibt
heuristischer Natur, ihre Datenbasis ist in
ständiger Bewegung, weshalb sie immer
hypothetisch sein muß!
Ein weiterer Trugschluß besteht darin zu
glauben, diese Art der Geschichtsschreibung
könne dazu dienen, die subjektive Gegenwart
begreifen und meistern zu lernen. Dieser Ansatz
ist von vorn herein zum Scheitern verurteilt,
denn das Mysterienspiel der großen Namen, Daten
und Ereignisse berührt die individuelle
Geschichte fast immer nur am Rande und macht
nicht begreifbar, wie und warum die
Vergangenheit ihre Spuren unbestreitbar und
unwiderruflich in das persönliche
Realitätskontinuum eingeschrieben hat. Denn
dieses individuelle Realitätkontinuum speist
sich immer nur aus dem subjektiven Erlebnis und
schreibt sich nur auf diese Weise im
interpersonalen Rahmen fort.
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Die
gewaltigste Einschreibungen, die mit ihren
Nachbeben bis in unsere Gegenwart wirksam sind,
sind durch die Katastrophe des
Nationalsozialismus, des Holocausts,
des 2. Weltkriegs entstanden. Doch für die nach
dem Krieg Geborenen ist diese Katastrophe
zunächst nur etwas Schwarz-Weißes, etwas, über
das Guido Knopp im Fernsehen doziert, etwas, mit
dem man in der Schule ausführlich malträtiert
worden ist, und vor allem etwas, über das die
Eltern und Großeltern meist hartnäckig
schweigen,
das sie verdrängen und kleinreden.
So ist diese Traumatisierung zwar Teil des
öffentlichen, aber nur selten Teil des
persönlichen Geschichtsbewußtseins, da sie immer
nur öffentlich und vermeintlich objektiv, fast
nie aber subjektiv thematisiert und
aufgearbeitet worden ist. Die Schutzmechanismen,
die durch das Trauma hervorgerufen wurden, sind
entsprechend unbewußt von Generation zu
Generation weitergegeben worden. So leiden die
Spätgeborenen unter den ererbten neurotischen
Verhaltensmustern, ohne sie mit dem Trauma ihrer
Eltern oder Großeltern in Verbindung zu bringen.
Ihr Ursprung bleibt also fast immer im
Verborgenen. Für die Generation der
„Kriegsenkel“ sind diese Verhaltensmuster
Normalität, denn sie wurden ihnen als „normal“
vermittelt, nicht als krankhaftes Symptom!
Diese Diskrepanz schafft die Rahmenbedingungen,
innerhalb derer Angela Breidbach künstlerisch
agiert. Mit den Arbeiten unter dem
Ausstellungstitel „Eine einzige Katastrophe“
versucht sie, eine subjektive Schneise durch das
vielschichtige, vermeintlich objektive Dickicht
der öffentlichen Bilder und Interpretationen zu
schlagen, um sich den Ursprüngen der
Erschütterung und der Traumatisierung zu nähern,
die sich in ihr subjektives Realitätskontinuum
eingeschrieben haben.
Eine wichtige Prämisse ist dabei die
Transzendierung der Täter/Opferdebatte, die sich
bereits in dem Ausstellungstitel zeigt. Es geht
nicht um die Katastrophe von Coventry, die
Operation Gomorrha oder den Feuersturm von
Dresden. Das Thema ist vor allem die
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