niemand draußen seine Hörgeräte wechselt oder ähnliche Funkszenarien entwickelt. Der Blick in die Boxen hier, in denen die Bilder gemacht werden, ist ernüchternd wie der Blick hinter Kulissen.

Eine feinmechanische, elektronische Bastelarbeit und eine gesteuerte Blickrichtung bescheren also Wagenlenker- phantasien. Dies ist ein psychischer Effekt, der sich gegen besseres Wissen und Vernunft durchsetzt.

Natürlich sind alle immer froh und belustigt, wenn sich etwas bewegt, sei es ein Auto oder ein schnurrendes Schlagwerk. Dies ist schlicht kindliche Begeisterung, die sich an elektrischen Eisenbahnen freut, aber genauso schnell verfliegt wie sie kommt, wenn klar wird, dass sich keine Bewegungsvariationen provozieren lassen. "Ei, das geht alles nicht, wie die Mechanik nun einmal gemacht ist, muss sie bleiben", sagt der Pate Drosselmeier in E.T.A. Hoffmanns Schauderweihnachtsmärchen "Nussknacker und Mausekönig", und er ist bestürzt ob der tatendurstigen Grobheit des kleinen Fritz, der sich nicht nur die Mechanik, sondern am besten die ganze Weihnachtsstube untertan machen will. Und darum geht es: Unterwerfung durch Steuerung. Das tut man auch 2006 um Ostern herum, mit Hilfe der Funktechnik diesmal und mit sehr viel größerer Bewegungsvariation, aber vor allem mit überbordenden Phantasien der Steuerung.

E.T.A. Hoffmanns Nathanael, aus der Erzählung "Der Sandmann", verliebt sich unsterblich in ein Automaten-Mädchen, und sieht vor lauter Projektion, und hormonellem Hochstand nicht, wie kunstvoll dieser Automat konstruiert ist - Nathanael wird schließlich wahnsinnig und stürzt unsanft und obendrein tödlich in die Tiefe. Je besser die Maschine funktioniert, um so geläufiger, lässt sich die eigene Potenz in die Maschine hinein projizieren. Nathanael verliebt sich nämlich vor allem deshalb so heftig, weil das Automatenweibchen keinerlei Widerworte hat - er muss also überzeugend sein. Für das Gefühl wahrer Machtentfaltung, muss man nun nicht mehr auf Gott, sondern auf den Elektrofachhandel vertrauen.

Mathieu Turken erwähnt in seinem Buch, was zu dieser Arbeit entstand, eine psychische Eigenart der Menschen. Sie sind zwar in der Lage feine Maschinen und sinnreiche Erfindungen zu entwickeln, aber derartig eitel oder was
noch seltsamer ist, im Zusammenhang mit technischem Fortschritt verblendet, dass sie um eine Errungenschaft ihrer geistigen Überlegenheit zu installieren, nicht einfach nur das Gerät aufbauen, sondern einen ungeheuerliches Brimbo- rium machen müssen, um diese simple Aufstellung würdevoll und machtbewusst zu realisieren.

Eine heikle Konstellation von Schmuck, Dekor, Ein- schüchterung und Idee, die alle Künstler fundamental inter- essieren muss. Wie verhält sich der Aufwand der Präsen- tation, zur Idee die präsentiert werden soll?
Ganze Zweige der Kunstproduktion haben sich auf ein- drucksvolle Demonstrationen der Demonstration spezia- lisiert, andere verzweifeln an der Eitelkeit des Geschäfts, und machen nur noch karge Notizen.

Mathieu Turken ist Pragmatiker, und obendrein feinmecha- nisch und elektrotechnisch ausgebildet, was ihn in Stand setzt, Notizen in Maschinchen umzusetzen. Andererseits ist er zu sehr interessiert an den Ideen, als dass er sich ausschließlich der Demonstration widmen wollte.

Am eindrucksvollsten in dem Zusammenhang Macht, Idee, Dekor ist Turkens Beispiel von den 5000 Jahre alten astronomischen Peilanlagen. Drei Steine würden völlig genügen und haben schon damals genügt, um Winter- und Sommersonnenwenden zu markieren, aber nein, man baut gleich eine ganze Festungsanlage darum herum, Stonehenge zum Beispiel.

Nun mögen die Esoteriker aufschreien, dass Stonehenge ja noch viel mehr kann, als ein paar simple Kreuz- und Doppelpeilungen und sie haben auch völlig recht, Stonehenge kann Touristen magisch anziehen. Es bleibt bei der seltsamen Mischung aus Präsentation von technischem Fortschritt und Präsentation von Macht die magisch anzieht. Man braucht eine ganze Anlage um einen Effekt überzeu- gend zu demonstrieren, für dessen Funktion man nur drei Steine bräuchte.

Möglicherweise gehen Erfinder sowieso davon aus, dass man ihre Erfindungen nicht verstehen und sie doch prächtig benutzen kann. Dieser Umstand gilt für die meisten Erfindungen. Das Berühren der Lichtschalter, birgt viel mehr magische Qualität als technische Kompetenz.  Man ist

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