J.L.Schröder + Gäste | Aktionen 3 x wöchentlich: Steine schwimmen lassen 02. - 18.12.2010
3. Wochenende

Am 18. Dez., also am 3. Tag des 3. Wochenendes, am letzten Tag der Ausstellung wurde - wie versprochen - das Rätsel der Abbildung
auf der Einladungskarte gelöst.

Die prinzipielle Unwiederholbarkeit ist ein Dogma, durch das Bildende Künstler ihre Aktionen prinzipiell von Aufführungen im Theater abgrenzen. Auch wenn das im Wesentlichen gültig ist, gilt diese Behauptung nicht absolut; denn von Bildern gibt es Varianten, Interpretationen und Übernahmen, wobei auffällt, dass diese Begriffe der Aufführungspraxis in der Musik und im Theater entlehnt sind. Das hat damit zu tun, dass in der Kunst das Erschaffen, das Originäre hoch angesetzt ist, obgleich Künstler – emblematisch dargestellt durch den Affen – immer auch Imitatoren sind und waren. Das hat mit dem Verhältnis der Künstler zur Wirklichkeit zu tun, dessen Abbilder Künstler exklusiv geschaffen haben, bis die Fotografie sie für immer von diesem Privileg entbunden hat.

Im Bezug auf Performances stellt sich die Frage, wie und unter welchen Umständen Wiederholungen von Performances a) in der Kunstgeschichte vorgekommen sind und b) welche Bedeutung ihnen zukommt.

Auf die Anfänge der Darstellung von Performances durch die Künstler selbst, wie sie schon Hugo Ball mit seiner Aktion „KARAWANE“ 1916
im Fotostudio vorgenommen hat, habe ich seit 1996 wiederholt hingewiesen. Betrachtet man die Geschichte der Aktionskunst unter diesem Gesichtspunkt, zeigt sich, dass auch Joseph Beuys nicht abgeneigt war, eine Aktion zu wiederholen, damit sie in ein im Fernsehen übertragbares Format verwandelt werden konnte. Für Gerry Schum wiederholte er einen Teil seiner Aktion Filz-TV, die er am 14.10.1966 in der Galleri 101 in Kopenhagen aufgeführt hatte und die ursprünglich durch Fotos überliefert war. Nach dem Dreh auf 16mm-Film wurde Filz-TV erstmals am 30.11.1970 im Südwestfunk ausgestrahlt1.  Die Blutwurst, die er mit einem Messer zu einem „Samuraischwert“ schnitzte, wurde das Vorbild für die Banane auf der Einladungskarte zu „Aktionen 3x wöchentlich“ von Johannes Lothar Schröder. Tatsächlich setzte ich diese Frucht zur Veranschaulichung ein, als ich Ralf Panknin die Aktion mit dem Samuraischwert 2008 schilderte. Weil gerade eine Kamera zur Hand war, entstand auch das Foto. Im Einstellungsraum wurde die Aktion in meiner Installation vor einem Fernsehgerät wiederholt, das auf Stapeln mit Notizen und Manuskripten stand und dessen Bildschirm mit „Schnee“ mehrmals durch das Bananensamuraischwert "gespalten" wurde. Die Bewegungen mit dem Bananen-Samuraischwertgriff haben sich auch als eine Kontaktaufnahme mit dem Kathodenstrahl erwiesen, der das Schwert im Inneren der Bildröhre fortsetzt, wobei es zu einer Kontaktaufnahme mit einzelnen Bildpunkten kam, die auf einem Teil der Mattscheibe kontrolliert werden konnten.
 
Das Re-Re-doing dieser Aktion brachte noch einmal auf die Punkt, wie die seitens Bildender Künstler gehegte Skepsis gegen Medien durch symbolische Handlungen durchstoßen werden kann. Es geht nicht darum, die  elektronische Bilderzeugung kontrollieren zu wollen, sondern ihr Fließen durch doppelte Negation produktiv zu machen. Das zeigt die Aktion Filz-TV von 1966 und ihre Wiederholung 1970 durch Beuys selbst. Schließlich hat die Existenz der elektronischen Bild- und Tonaufzeichnungen die bildende Kunst in einer Weise herausgefordert, welche nicht nur Innovationen in den Gattungen Malerei und Plastik, die zu Installationen erweitert wurden, provoziert haben, sondern auch die Entwicklung von Performances in mehreren Phasen, besonders durch die technischen Innovationen der Speicher- und Wiedergabegeräte, beflügelt hat.


© Johannes Lothar Schröder

1 Die Angaben beziehen sich auf die Darstellung der Aktion und die Wiedergabe der Quellen durch Uwe M. Schneede: Joseph Beuys. Die Aktionen, Ostfildern-Ruit bei Stuttgart o.J., S. 118-120 mit Abbildungen S. 121-125.


18.12.2010   Johannes Lothar Schröder und Jörn J. Burmester:  Auflösung Bananenrätsel, Videostil Jšrn J. Burmester
18.12.2010  Text Bananenrätsel: Johannes Lothar Schröder
Die zehnte Ausstellung zum Jahresthema HYBRID des EINSTELLUNGSRAUM e.V.
back

Gefördert von der Behörde für Kultur, Sport und Medien der Freien und Hansestadt Hamburg