Maria Hobbing: Schweißnähte der
Seelneschaukel, Flyer 2021
CV Maria
Hobbing:
1986 Studium der Freien Kunst HFBK
Hamburg, 1992 Diplom, DAAD Stipendium Polen.
1998-2001 Lehrauftrag FH für Gestaltung. Ab 2001
freie Mitarbeiterin Malschule Hamburger
Kunsthalle. Seit 1988 Gruppen- und
Einzelausstellungen (G) + (E):
2021 „Poröse Hausgeschichten“ Galerie
Morgenland (E), Dezember 2020
„Coronaalphabet“, Kunststation Kleinsassen (G),
www: coronaalphabet.de, 2019 Konzept und
Oganisation des Projektes „Bauhaus in den Falten
des Raums“ mit Peter Heber, Maria Hobbing,
Jochen Kuhn und Peter Schindler, Carl Vetter und Diskussionsrunde mit
u.a. Bazon Brock im Künstlerhaus Sootbörn,
Hamburg (G), 2019
Doppelausstellung „Poröse Felder“ mit Ruth
Baumann im Kunstraum Tosterglope , 2018
„Poröses Polster“, Installation,
Einstellungsraum, Hamburg (E),. Weitere
Ausstellungen siehe http://hobbing.de
Maria Hobbing,
2021
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Pressetext
…und tritt nicht unsere Seele fast immer
verschleiert auf? Versuchen wir nicht dann, wenn
unsere Seelenschaukel hochschwingt oder tief im
Land der Not hängt, diese unter dem Schleier
festzuhalten, um sie endlich zu erkennen?
Gefangen in unserer Alltagsmaske, kümmern wir
uns wenig um Anima.
„Schweißnähte“ ermöglichen Zusammenhänge im
Schleiergebilde. Höhen und Tiefen schwingen dann
zusammen, wenn diese miteinander verbunden
sind und dann kann KLANG auftreten.
„Nach Maria Hobbings eigenen Worten ist das
Thema Maske und Schleier ein Schlüsselmotiv
ihrer Kunst. Wir erinnern uns, dass „Maske“ im
Lateinischen “Persona“ heißt, was sich auf die
großen, Laut verstärkenden Masken bezieht, die
beim antiken Theaterspiel vor das Gesicht
gehalten werden. Das Wort leitet sich ab von
„Sonare“- „Tönen“ und der Vorsilbe „per“ –
„durch“. Die Maske ist also nicht nur optisch
ein Medium, etwas das „Dazwischen“ ist,
zwischen Innen und Außen, zwischen Subjekt und
Objekt, sondern auch akustisch: unser heutiges
Wort „Person“ leitet sich von der Maske ab,
durch die hindurch etwas tönt, erfahrbar wird,
überhaupt erst erfahrbar werden kann.
Maske und Schleier verhüllen und
offenbaren als ambivalente Vorgänge, als
Vorgang ein und desselben, als zwei Seiten
einer Medaille - ….von hier aus erklärt sich
auch die Verwendung der Folie, die
gleichzeitig verhüllt und sichtbar macht,
schützt und preisgibt. Folie ist durchsichtig,
zugleich aber reflektiert sie, glitzert, wirft
das Bild der Außenwelt auf diese zurück –……
Folie ist ein banales, billiges unprätentiöses
Material.
Wirklichkeit kann von uns nicht anders
erkannt werden als durch Masken, Folien und
Schleier hindurch, unvollkommen, unter
Umständen absichtlich verfälscht,
möglicherweise aber auch andere überrankende
Dimensionen erschließend, wie in den dunklen
Sinnsprüchen der Sibyllen.“ (Ausszüge aus Prof. Hans Gerke
anlässlich der Ausstellung ‚Tentakel des
Schleiers ‘Galerie Artthiess, München, 2008)
Die unendliche Maske zwischen
Durchsicht, Weitsicht und Einsicht zieht im
Schlepptau hinter sich ein Netz von Täuschung,
Verschleierung, Verstellung, Tarnung und
Verleugnung, ist aber auch ein Knotenpunkt im
Verschwommenen, ein Akzent zum Verdeutlichen und
kann die Suche nach dem Dahinter stimulieren.
Die Maske dient zur Abwehr aber auch zum
Vereinnehmen, sie kann Fangarme der Verführung
haben und kann sich im Feld des Abgesicherten
und der Tradition einrichten. Sie befindet sich
immer im Spannungsfeld zwischen Lüge und
Wahrheit und ist eine strategische Setzung.
Hinter die Maske zu kommen, heißt sich vor die
Formulierung zu stellen und den bescheidenen
Augenblick des Ungefassten wahrzunehmen. Diesen
Zufalls-Augenblick, der keine Verbindung zum
Wollen hat, umweht Freiheit und ermöglicht, ein
Loch in das dichte Gewebe des Schleiers zu
reißen. Fest gebundene Stränge des Systems
lassen schnell in die Maskierung zurückfallen.
Immerzu setzt sich das Motto „Viel hilft viel“
durch. Effizient gestalten großflächige
Digitalisierungsvorhaben immer mehr
Lebensbereiche - die Poesie des langsamen
Herannahens und den tastenden Klang der Seele
außer Acht lassend - die Maske wird im
Kommunikationszeitalter zum Medium schlechthin.
Ihre Scheinwelten sind Humus für alle Spielarten
der Taktung, auch die des Machtmissbrauchs.
Gefangen in der Maske sind dieselben nur schwer
zu enttarnen.
Maria Hobbing, Mai 2021 unter Verwendung einiger
Textstellen von 2004
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