Künstliche Paradiese / Installation
Claus Böhmler
01.12.05 - 06.01.06

Openingtext Elke Suhr


Liebe Gäste und Freunde des EINSTELLUNGSRAUM

Wenn ich jetzt wenige Worte der Einführung in diese Ausstellung zu Ihnen spreche, werden Sie nicht von mir erwarten, dass ich mit der Methode digitaler Sprache eine unmittelbare Nähe zu den Arbeiten Claus Böhmlers herstellen kann.

Der seit ca. 40 Jahren stets Konventionen analysierende, nun allgemein als Medienkünstler bekannte Claus Böhmler, kann durch das, was ihn in der Methodik fasziniert, nicht wieder in konventionelle Medien eingesperrt werden.

Sie kommen aller Wahrscheinlichkeit nach hierher, um zu sehen, was Claus Böhmler zum Paradies in Relation zum Auto, dem Jahresthema des EINSTELLUNGSRAUM e.V., 2005, zu sagen hat.

Sie werden entweder enttäuscht oder überrascht sein. Der Medienkünstler Claus Böhmler zeigt Ihnen qua re  ausschließlich Kanäle, Türen, Vehikel, - insofern Gleichnisse -,  deren Sie sich bedienen können, um Ihr eigenes visuelles Repertoire zur Thematik zu überprüfen.

Claus Böhmler ist ein Medienkünstler, so wie Regina Bärtel ihn in Ihrem Katalogtext zu 40 Jahre Fluxus und die Folgen, Wiesbaden, 2002, beschrieben hat. Das heißt, dass seine Zeichen so gesetzt sind, dass Sie verführt werden hinzusehen, aber dann allein ihrer Empfindung überlassen werden, denn der Frosch ist kein Frosch so wie schon René Magritte es in seinen Bildern entsprechend zu vermitteln suchte. Dennoch ist dieses Hüpfen, Krabbeln und Sirren der Insekten und Kriechtiere hier überall präsent. "Das Verhältnis von Sein und Schein", so Regine Bärtel am angegeb. Ort, "das hier deutlich entgegentritt, das Verhältnis von Bild und Welt, sowie von Original und Kopie, thematisiert Böhmler mithin in vielfältiger Art und Weise schreibend, redend und konstruierend."

In unserem Kontext hier ist das Interesse von Claus Böhmler für das Randständige der Altagskultur  jedoch auch aus einem rein semantischen Aspekt interessant. Es ergibt sich sozusagen eine überraschende Symmetrie: Sein Interesse an Insektenbildern der Schulbücher aus dem Biologieunterricht, an Insekten, von denen in jenen Erzählungen vom Paradiesgarten nie die Rede ist, welche jedoch zu jeder üppigen Fauna und Flora gehören, verweist auf einen zeitlich entfernten künstlerischen, künstlichen Zusammenhang: In barocken Stillebenbildern, den nature morte, wie z.B. denen der calvinistischen Niederländer des 17.Jhdts. Heda und de Heem, die das Paradies und die Vergänglichkeit des menschlichen Zugriffs darauf allegorisch durch saftige Früchte und frische Blüten darstellen, tauchen immer, feinst gepinselt und erst auf den zweiten Blick ersichtlich, Insekten auf. Diese auf der Oberfläche praller Trauben Tau saugenden Kleinsttiere ermahnen den frommen Betrachter jeweils an die lauernde Gegenwart des Bösen, die Reize der Sinnlichkeit, des saugstechenden Teufels, des Begehrens.

Mag sein, dass Claus Böhmler auch dieses Bildtransportmittel nutzt. Die Manipulation des Betrachters konventioneller Muster löst er jedoch mit sicherer Hand ein und zugleich auf, indem er die Insektenkästen im Pilzragout vernetzt, das sich unter einem himmelwärts weisenden lichten Pyramidenschnitt dem Kosten entzieht.

Warum haben wir Claus Böhmler eingeladen, unsere Jahresreihe zum Paradies und Auto abzurunden?

Vielleicht gerade deshalb, weil wir durch seine Ausstellung die Ehre haben zu sehen, wie er in seinen Arbeiten als Ergebnis lebenslangen Forschens Begehrmaschine und Pathosmuster zu einer Leichtigkeit gelöst hat, die von etwas zeugt, was durch Surrogate nicht zu ersetzen ist.




Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.



   


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