Schön, es ist zu jeder Frage eine Antwort zu googeln, aber ist es nicht ein Irrtum, dass mit solcher Bequemlichkeit aller Mangel, alle Unsicherheit, alle Gegenfragen aus der Welt sind? Obwohl im heutigen elektronischen Alltag das, was da hinter der Glasabdeckung passiert, faktisch nicht beschreibbar ist, wird alles, auch jeder Unsinn für Fakt gehalten, Meinungen und Filter gelten unhinterfragt als Tatsachen. Und das in einer weltzeitlichen Situation, in der die Naturwissenschaftler, besonders auch die mal für Exaktheit bekannten Biologen und Physiker, erkennen, dass auch mit größtem und teuerstem Forschungsaufwand genau-genommen nur eine reichlich chaotische Unordnung im Mikro- und im Makrokosmos zu erkennen ist.

Maria Hobbing möchte statt Ordnen und Widererkennen das „Tasten“ ermöglichen. Ihr geht es um, wie sie sagt, „zarte Empirie“. Die vorne rechts angebrachten Wachsstrichelungen könnten sogar zu einem Engelsflügel gedeutet werden – auch wenn niemand wirklich sagen kann, wie ein Engel oder sein Flügel korrekt aussehen … die Assoziation aber ist schon deshalb – werkimmanent – naheliegend, da eine frühere Ausstellung von ihr worteschön „Schlupflöcher für vergessliche Engel“ hieß.

Und noch so ein schönes Wort: Auf „Schattengespräche“ muss man sich hier unten im Kellerdunkel einlassen… ein seltsam fremder Traumraum ist dort zu sehen, in dem sandig-wüste Zwischenräume mit einem Hundeführer zu erkunden sind … zu offenen Reflexionen – optisch und mental.


Also, es sei wiederholt, Kunst muss Möglichkeitsräume öffnen, nicht Vorgefasstes orchestrie- ren. Und da es für diesen Umgang mit Kunst keine objektiven Kriterien geben kann, kommt es immer auf den eigenen Umgang, die eigene Interpretation an: Frei, intelligent, informiert, aber nicht willkürlich. Man kann das, was dazu notwendig ist, auch „begründete Vermutung“ nennen. Und deshalb gibt es in der Kunst immer auch eine „Wendemöglichkeit“. Die meisten, die hier herkommen, wissen das. Aber es tut gut, sich dessen zu bestätigen, damit es dann weiter nach außen getragen werden kann.

© Hajo Schiff 11/2018

       


Foto Elke Suhr Maria Hobbing, EINSTELLUNGSRAUM 2018. Foto E. Suhr
Die 10. Ausstellung zum Jahresprogramm (Keine) Wendemöglichkeit, 2018 des EINSTELLUNGSRAUM e.V.
Präsentation
Vernissage mit  Performance
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