Zur Ausstellung "Fusch am Bau - Wasser teilen" von
Knut Eckstein und Johannes Lothar Schröder

(In diesem Text macht der Autor, der zugleich einer der beiden Ausstellenden ist, die Installationen zum Ausgangspunkt von Überlegungen zum Jahresthema, woraus sich schließlich Schlussfolgerungen zu den jeweiligen Werken und Ansätzen für die Diskussionen dieses Jahres ergeben.)

Verpackungen und Gebinde von Nahrungsmitteln und Waren aller Art bieten Knut Eckstein Baumaterial für seine Installationen, von denen ein Teil vom Aussehen improvisierter Aufenthaltsorte oder Arbeitsplätze inspiriert ist. Zu Behausungen umfunktionierte Kartons verweisen darauf, dass jede Architektur temporär ist, so sehr auch steinerne Fassaden die Illusion von Ewigkeit evo- zieren. Eine Tüte leerer Farbspraydosen und liegen gelassene Einweggefäße für Essen und Getränke sind die Hinterlas- senschaften von Open-air Ateliers in Städten mit öden Fassaden, unbezahlbaren Ateliermieten und einer prekären Situation des öffentlichen Raums.  Aus einer derartigen aktuellen Präsenz temporärer Räume und informeller Arbeitsplätze sowie der Suggestion ihres möglichen Gebrauchs beziehen die Installationen von Eckstein ihre Wirkung.

Schröder zeigt Zwischenergebnisse eines Langzeitprojektes über improvisierte Schlafplätze im Freien, die auf Reisen belegt worden sind. In den letzten Jahren versuchte er die Schlafplätze mittels Google-Earth zu re-lokalisieren. Bei ausreichender Auflösung der Satellitenbilder ließen sich vereinzelt Veränderungen dieser Plätze durch neue Bebauung oder Ausweitung der Infrastruktur beobachten, die die wiederholte Eignung der betreffenden Flächen zum Übernachten fraglich machen würden.
 
Besitz, Wert und Belegung eines Platzes im öffentlichen Raum sind nicht nur im urbanen Raum und durch Bauwerke allein manifestiert, sondern sie erstrecken sich um den ganzen Globus.
 
Um einen Raum - auch nur zeitweise  - einzunehmen, spielen neben den juristischen Gegebenheiten (Grundbuch) auch Bewe- gungen, Gesten, die Präsenz anderer Passanten und das eigene Auftreten eine Rolle. Zeichen wie Labels, tags, Schilder, Wand- bilder, diverse Gegenstaende wie Handtuecher z.B. unterstrei- chen konkurrierende Ansprueche und schon erfolgen Zugriffe auf eine Stelle im oeffentlichen Raum. Mehr oder weniger rabiat wer- den Flächen reklamiert, die manchmal sogar mit Zäunen, Mauern, Sperranlagen und Gräben umgeben werden, und die das Betreten erschweren. Auf die räumlichen territorialen Verhältnisse bezogen, machen die Installationen und Medien in dieser Ausstellung auch die andauernden Verschiebungen der Schnittstellen zwischen pri- vater und öffentlicher Nutzung unbebauter Flächen sichtbar.

1. Konkrete Ebene: Alles ist beweglich
MOBILITÄT DURCH ZERKLEINERUNG

Ausgehend von den materiellen Aspekten der beiden Positionen lassen sich zwei Ansätze unterscheiden: Die von Eckstein vornehmlich verwendeten Kartons sind Verpackungen von Gebrauchsgütern und Waren. Sie sind hoch mobil und aus- tauschbar, denn sie bestehen aus zerkleinertem Holz, das recycled zum großen Teil wieder zum Ausgangsmaterial neuer Verpackungen wird. Dieses Verfahren ist auch in der Bauwirt- schaft gebräuchlich, wo nur noch selten Natursteine Verwendung finden. Statt gewachsene Rohstoffe passend zu hauen, zu schneiden oder zu sägen, werden Rohmaterialien zerkleinert und mit Bindemitteln angemischt in die passende Form gegossen, gepresst oder geformt. So wird ein Werkstück nicht mehr skulptural sondern modellierend aus Beton, Glas oder Metall herausgebildet.

Den Kartons gegenüber sind Schlafplätze im Freien im höchsten Maße immobil. Sie sind nicht transportabel, so dass von ihnen nur eine Erinnerung mitgenommen werden kann. Schlafplätze sind, obwohl der materiellen Ebene (der Erdkruste) zughörig, immateriell. Sie sind der Materie entliehen, die nur belegt aber nicht


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Vernissage
Diese Ausstellung ist die 03. im Jahresprojekt shared space 2009 des EINSTELLUNGSRAUM e.V.
Gefördert von der Behörde für Kultur, Sport und Medien der Freien und Hansestadt Hamburg und Bezirksamt Wandsbek
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