man kann sich auch mit geschlossenen Augen auf eine Waschmaschine setzen, funktioniert genauso einschläfernd, die Landschaft ist nicht wirklich nötig, nur als Folie für den, der die Augen offen halten muss, Autofahrer zum Beispiel.

Diese leicht gewellte Landschaft, die beglückt Autofahrer zutiefst, sie tut nichts, weder drohen durch wüste Weite oder steiles Gelände noch durch Langeweile, sie ist abwechslungsreich, leicht bewegt, ohne nervös zu machen, sie ist hervorragend ausgeglichen, abgefedert. Ausgeglichen sein, das Mantra der Erwachsenen, entspannt sein - wozu bloß?

Das ist jetzt ein bisschen peinlich, schließlich hatten wir Aufklärung und Strukturalismus und andere tolle Sachen, aber es lässt sich nicht leugnen: dies ist der Zwang, unter dem wir stehen: SCHEIN ist eine Konstante im Leben, da man ganz offenbar die Glückssituation, den unnachahmlichen, aber von allen Menschen immer wieder gesuchten Zustand, halb Fisch, halb Pflanze im Uterus - mimetisch - einzuholen sucht. Dieses Gefühl scheinhaft herbeizuführen, und auch noch ohne dass man sich bewusst an diesen Zustand erinnern könnte. Deshalb schlafen Kleinkinder in Autos zufrieden und sofort ein, es brummt und wackelt wie früher.

Alle weiteren, mit den Moden wechselnden Zwänge, sind Oberflächenphänomene, ob es blinkt oder farbig leuchtet, quiekt oder grunzt. Oberflächenphänomene gehören - wie Kunst - in den Bereich der Kommunikation. Und natürlich wird ein Kind mit Oberflächen- phänomenen angelockt, von so einem blinkenden Automaten, auch Erwachsene reagieren zuverlässig auf Schlüsselreize, es sind mehr oder weniger geprägte oder tradierte Reflexe. Die Verhaltensbiologie hat dafür ganz ausgefeilte Tabellen anlegen können. Bedingte Reize, bedingte Appetenz. Pawlowscher Hund und Selbstjusitz durch Fehleinkäufe kann man das nennen. Aber das bewegt sich alles immer auf der lockenden Oberfläche, so wie Schmuckfedern bei Erpeln oder Lippenstift.
Ist man erst in so ein Wackelauto eingestiegen und lässt man sich darauf ein, fühlt sich unbeobachtet und behaglich, dann, wenn man Glück hat - und das hat man zuverlässig, sonst würden nicht so viele Erwachsene so gerne Auto fahren, und alle Kinder gerne in Wackelautos sitzen - dann quillt diese Sache aus dem Unterbewussten hoch, und es ist völlig egal ob man damit CO2 produziert und wie viel, denn diese ungestörte Uterusgeschichte, dieses Gefühl von Sicherheit ist das, wonach einem der Sinn steht, das Gerede vom Airbag ist völlig wurst.

Brummende Maschine, rauschende Fahrbahn unter dem Auto wegrutschend, mit Musik aus den, um den Fahrer herum platzierten Boxen, von ihm selbst bestimmt  (alles kann er bestimmen und niemand scheint ihn zu hindern). Deshalb gibt es die Werbefilme zumeist in Naturlandschaften, jedenfalls gilt das für Autos der Mittel- und Oberklasse. Die gibt es nicht in der Stadt, wo ständig Absprachen und Kommunikation geführt werden müssen, mit allen wachen Sinnen, wer jetzt zuerst fahren darf, oder was auch immer, wer die Parkbucht bekommt o.ä.m. Diese hektischen Situationen sind Thema der Kleinwagen-werbung, wo es um Wendigkeit und reizende Überflüssigkeiten geht, meist werden Einkäufe verstaut, Blumensträuße auf Rückbänke geworfen, Marktkörbchen im Kofferraum deponiert, Frauenbeine unter geblümten Röcken, schnelle Schritte und Kommunikation - eben weibliche Geschwätzigkeit - transportiert,  ein echtes Zweitwagengefühl, also natürlich auch schön, aber nur zusätzlich zum Continuo, des großen ungestörten Rauschens und Brummens, im Mutterleib.
Heike Breitenfeld hat hier eine Ausstellung aufgebaut, deren Schaltstelle vielleicht am besten in dem kurzen Video im Kriechkeller zu entdecken ist: Etwas versteckt sich, im Dunklen, Engen, lässt sich nicht präzise bestimmen, versteht es aber, sich suchen und bedienen zu lassen - das ganze Leben.


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