Beim Nachdenken über diese Rede stieß ich, eher zufällig, auf ganz aufschluss-reiche Aussagen diverser Experten. Hier drei davon.

1-    Herr Müller Ötvös (Diplom-Ökonom bei BMW) meint:
"...ich glaube einfach nicht, dass ein Auto jemals zu einem rein rationalem Produkt wird. DIE ZEIT 6.9.07.
2-    In der Morgenpost vom 12.9.07 heißt es: Autoverbandschef Matthias Wissmann gibt die Fahrtrichtung vor; "Wir brauchen keine Müsli Autos. Ein Auto muss sexy sein." 
3-    In die gleiche Kerbe tritt Herr Heinz von Deelen (Dipl. Psychologe und promovierter Dipl. Kaufmann mit 15 Jahren Erfahrung bei VW und BMW). Er behauptet, ein Auto sei eben ein "sexy product, anders als die Luxusküche oder die Audioanlage - es geht um neue Mythen". Das Zitat stammt ebenfalls aus der ZEIT.

Um neue Mythen - hat einer, der es ja wissen muß, tatsächlich gesagt... Das führt uns zurück in den EINSTELLUNGSRAUM. Die Ausstellung ist, wie der Titel auch suggeriert, zweigeteilt. Sternbilder&Scheinmobile. Um zu den Sternbildern zu gelangen, steigt man hier paradoxerweise hinab in Richtung 'Hades', dieses aber nur aus organisatorischen Gründen. Sollten diese nicht überzeugen, berufen wir uns eben auf die künstlerische Freiheit. Die Treppe hinunter führt somit zum Firmament, zu den Sternbildern.

Menschen haben zu allen Zeiten und allen Orten versucht, die Lichter weit über ihren Köpfen zu verstehen und zu ordnen, aufdass sie wieder auffindbar waren und Orientierung geben konnten. Orientierung im astronomischen wie auch astrologischen Sinne. Man folge dem Schein, um nicht vom Rand der Erdscheibe herunter zu segeln, um Amerika zu entdecken oder die Liebe seines Lebens zu finden.
Auffällige Sterne oder Konfigurationen, die sich zu einprägsamen Figuren verbinden lassen, bekamen meist den Mythen entsprungene Namen wie Mars, Venus, Herakles, Kentaur, Monoceros/Einhorn, Pegasus oder Phönix. Aber es gibt auch modernere Namensgebungen: Microscopium/das Mikroskop, Norma/das Winkelmaß, oder
Pictot/die Malerstaffelei. Originell auch Antlia/die Luftpumpe. Für die Astronomie wurden die Himmelsareale - hier handelt es sich um Himmelskörper die mit bloßem Auge sichtbar sind - entgültig 1928 festgelegt. Entgültig? Brigitte Bech scheint da anderer Meinung zu sein, denn in ihrem
Sternenhimmel gibt es, den heutigen Mythen angepasst, auch den Turbolader, das Getriebe oder die Drillinge: die drei VW-Käfer-Blinker. So skurril die Idee auf dem ersten Blick erscheinen mag, abwegig ist sie, angesichts unserer Autobesessenheit, nicht. Der Gedankenansatz ist nur folgender: Was wäre, wenn wir hier und jetzt die Gelegenheit hätten, den Sternkonfigurationen Namen zu geben? Kentauren, Herakles, die Liebesgöttin Venus oder Pegasus sind weitgehend in Vergessenheit geraten, tauchen höchstens noch in Kreuzworträtseln auf. Ihre sagenhafte Kraft ist verschwunden, ersetzt von neuen, aktuell relevanten und wirkenden Mythen. Und eines der stärksten ist eben das Automobil, wer könnte es leugnen?

Somit kommen wir zum zweiten Teil dieser Ausstellung. Diese Galerie als Garage nutzend, hat die Künstlerin ihre Scheinmobile also im EINSTELLUNGSRAUM geparkt. Um an die drei oben erwähnten Autoexperten zu erinnern - ob sexy-product oder Müsli- Auto - in beiden Fällen handelt es sich um eine Transsubstantiation, eine alchimistischen Verwandlung von Metall und Kunststoff zu etwas gänzlich anderem, eventuell gar zu etwas immateriellem - Kraft, Schönheit, Potenz, Reichtum, Stil, Modernität oder eben die allseits beliebte Sexyness. Der Schein des Vehikels fällt auf seinen Besitzer und überträgt ihm oder ihr die entsprechenden Qualitäten. Brigitte Bech hat mittels ihrer Technik des 'Zeichnens mit der Bohrmaschine' das Auto auf eine Ansammlung von Löchern reduziert, ganz viele kleine Nichts' addiert, um zu einem größeren 'Nichts' zu kommen. Dieses 'Nichts'-Konglomerat wird durch den Schein des Lichtes und den Nichtschein des Schattens, sozusagen, zum Leben erweckt, der Betrachter nimmt am Mythos des Automobils teil.
Nicht nur durchs Betrachten, sondern, wenn Sie wollen: seien Sie auch handgreiflich tätig. Seien Sie der Erzeuger Ihres eigenen Scheins, nehmen Sie eines der beiden hier geparkten 'Scheinmobile', nehmen Sie eine der dargebotenen Lichtquellen und spielen Sie mit der erzeugten Projektion herum. Die Künstlerin zeigt Ihnen gleich, wie das geht.


Zum Schluss kurzer Bezug auf Stanislav Lem und "Der Futurologische Kongress" und die zur Finissage am 19.10.07 stattfindende Lesung mit Jule Weigel

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